Bessere Videos dank professioneller Tonaufnahmen

Dom Salmon Videografie03 Dez. 20255 Minuten Lesezeit
Nikon magazine

Schlechte Tonqualität kann selbst das beste Filmmaterial ruinieren. Mit diesen Profi-Tipps gelingen euch bessere Tonaufnahmen

Es fängt ganz einfach an: nur ihr, eine spiegellose Kamera und eine Idee. Ihr denkt, ihr seid bereit für die große Szene, aber sobald ihr auf „Aufnahme“ drückt, holt euch die Realität ein. Ventilatoren surren, Telefone piepen, ein Hund bellt im Flur. Ihr komponiert die Aufnahme, passt den Fokus an, seid mitten im Take – und fragt euch gleichzeitig, ob das Mikrofon überhaupt funktioniert.

Als Solo-Creator:in ist der Ton oft das Erste, was schiefgeht, und am schwersten zu beheben. Aber mit den richtigen Tools, guten Gewohnheiten und der nötigen Einstellung braucht ihr keine Angst mehr zu haben und könnt souverän loslegen. Hier ist euer Guide für klare Tonaufnahmen. Ihr vermeidet versteckte Fallen in lauten Räumen und schafft die Grundlage für ein kreatives, mischfertiges Endprodukt. Denn wenn ihr mit großartigem Audio in die Bearbeitung geht, habt ihr viel mehr Zeit, um das richtige Gefühl in eure Story zu bringen – und müsst viel weniger Zeit damit verbringen, Klicken, Husten und so weiter zu überdecken.

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Mit drahtlosen Mikrofonen kann sich eure Figur frei bewegen und mit ihrer Umgebung interagieren. In der Vineria del Carmine macht Mattia eine Weinverkostung. Gute In-Ear- oder geschlossene Kopfhörer helfen, beim Filmen unerwünschte Geräusche zu erkennen. ©Dom Salmon

Macht euch bereit für den Erfolg

Im Filmgeschäft gibt es ein Sprichwort: Das Publikum verzeiht schlechtes Video, aber schlechten Ton niemals. Und das ist wahr. Ihr könnt wackelige Aufnahmen als Energie verkaufen, leicht unscharfe Bildausschnitte als Atmosphäre, aber knisternde Geräusche? Es funktioniert einfach nicht. Sorry.

Das Wichtigste ist, dass ihr souverän mit eurer Ausrüstung umgehen könnt. Jede zehn Sekunden, die ihr damit verbringt, euer Setup zu checken, spart euch zehn Minuten Aufräumarbeit nach dem Dreh und kann den Unterschied zwischen einer super Audioleistung und einem verpatzten Shooting ausmachen.

Egal, ob ihr einfach nur mit eurer spiegellosen Nikon Z und einem externen Mikrofon aufnehmt oder eine vielschichtige Interviewreihe bearbeitet – die richtige Tonqualität macht den Unterschied zwischen Amateur und Profi aus. Hier ist ein praktischer Guide – und eine Checkliste für die Bearbeitung –, damit ihr euren Sound gezielt aufnehmen, mischen und optimieren könnt.

Das richtige Mikrofon für den Job wählen
  • Lavalier-Mikrofone sind großartig für Interviews, aber anfällig für Geräusche durch raschelnde Kleidung. Befestigt sie fest, wenn nötig mit Klebeband, und probiert die Bewegungen aus, bevor ihr loslegt.
  • Richtrohrmikrofone mit einer Supernierencharakteristik (mehr zu den Richtcharakteristiken am Ende) sind super für laute Umgebungen. Sie werden knapp außerhalb des Bildausschnitts angebracht und filtern Rauschen von der Seite und von hinten raus, sodass nur das Motiv im Fokus bleibt.
  • Ein Windschutz (aus Schaumstoff oder Kunstfell) ist draußen unverzichtbar – schon ein leichter Wind kann die Aufnahmen vermasseln.
  • Dynamische Mikrofone sind bei 99 % der Podcast-Aufnahmen das Herzstück. Sie sind sauber, praktisch und perfekt für Dialoge.

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Podcast-Studios sind großartig für Content-Creator:innen, die von zu Hause aus arbeiten. Nehmt mehrere Kanäle auf (auch Anrufer per Video oder Telefon), fügt Effekte hinzu und mischt alles direkt oder erstellt Kanäle, die ihr später bearbeiten könnt. Schickt einfach ein Signal an eure Kamera, um später eine einwandfreie Synchronisation zu gewährleisten – oder lasst euer internes Mikrofon eingeschaltet, wenn ihr eure Aufnahmen rund um eure Diskussionsteilnehmenden machen möchtet. ©Dom Salmon

Monitoring am Set
  • Niemals ohne Kopfhörer. Nie. Ich habe einmal ohne Kopfhörer gefilmt, und beim Abspielen festgestellt, dass viel Jackenrascheln zu hören war, sodass ich das ganze Material wegwerfen musste. Nie wieder.
  • Achtet auf Rascheln, Summen oder Hintergrundbrummen (z. B. von Klimaanlagen oder Kühlschränken). Ihr könnt diese Frequenzen herausfiltern, aber das kostet Zeit und wird die Klangqualität beeinträchtigen. Je mehr Frequenzen ihr herausschneiden müsst, desto größer ist das Risiko, dass die Stimme telefonartig (nur hohe Frequenzen) oder zu dröhnend und basslastig klingt.
  • Verwendet Audiometer – vermeidet Spitzen (alles, was 0 dBFS erreicht, führt zu Verzerrungen) und haltet Dialoge zwischen -12 und -6 dBFS, um einen sauberen Eingang mit Headroom zu bekommen. Digitales Clipping in Audio ist einfach nur fies.
  • Nehmt nach jeder Szene 30 bis 60 Sekunden Stille auf. Klingt komisch, aber kein Raum ist wirklich still. So bekommt ihr eine saubere atmosphärische Grundlage, um Schnitte in der Bearbeitung zu überbrücken, und es hilft bei der Rauschunterdrückung in der Nachbearbeitung.
  • Klatscht bei jedem Take vor der Kamera. Das ist das Altmodischste, was es seit Beginn des Tonfilms gibt, aber es macht das Synchronisieren von Filmmaterial und Ton einfacher.
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Beschriftet Audiospuren eindeutig, um sie einfacher mischen zu können. ©Dom Salmon

Grundlagen der Tonbearbeitung

Wenn ihr in der Postproduktion seid, fangt damit an, eure Audiospuren zu sortieren: Dialoge, Soundeffekte, Musik. Haltet Dialoge auf separaten Spuren und beschriftet alles klar und eindeutig. Selbst wenn ihr alleine redet, ist das eine gute Übung. Aber wenn ihr ein Interview mit mehreren Gästen macht, ist es ein absolutes Muss.

Gebt euren Interview-Clips eingängige Namen. Oft ist die beste Aufnahme eine Mischung aus mehreren: Ein starker Anfang kann in der Mitte etwas schwächeln, während eine andere Aufnahme vielleicht einen super starken Schluss hat. Eine gute Beschriftung kann euch helfen, die perfekte Aufnahme zusammenzuschneiden. Sorgt für gute B-Roll-Aufnahmen, um die Übergänge zu überbrücken.

Umgang mit Rauschen

Im Leben gibt's nur wenige Gewissheiten, außer dem Tod, Steuern – und nervigem Rauschen in eurem Audio. Wenn ihr nicht gerade in einem professionellen Tonstudio seid (ihr Glückspilze), wird es immer etwas Rauschen geben. Macht es nicht noch schlimmer. Eine schnelle Optimierung eurer gut aufgenommenen Audiodaten sorgt dafür, dass diese besser und einfacher in die endgültige Bearbeitung passen.

  • Der Equalizer ist euer Freund. Entfernt tiefes Brummen mit einem Hochpassfilter. Beginnt bei etwa 80 Hz. Ihr könnt diesen Bereich zwar nicht hören, aber er stört dennoch den Klang.

  • Nervöse Menschen sprechen oft lauter als ihre normale Stimme und neigen dazu, sich beim Sprechen zum Mikrofon zu neigen. Dadurch bekommt ihr eine tiefe, dröhnende Stimmaufnahme, die komisch klingt (Proximity-Effekt). Mit einem Poppschutz könnt ihr Abstand halten.

  • Verwendet Plug-ins zur Rauschunterdrückung wie RX Voice De-noise oder das Essential Sound-Panel von Adobe, um Rauschen, Brummen und elektrische Störgeräusche zu entfernen.

  • Die meisten NLEs wie DaVinci und Final Cut haben inzwischen praktische Tools zur automatischen Audioanalyse, die künstliche Intelligenz verwenden, um einen Clip zu überprüfen. Es ist digitale Zauberei: Offensichtliche Mängel wie geringe Lautstärke oder Hintergrundgeräusche werden mit einem einzigen Klick behoben.

  • Feine Nuancen. Zu viel Bearbeitung schadet der Klarheit und kann zu Artefakten führen – also zu einem digitalen Rauschen, das beim Publikum Misstrauen wecken kann. Ihr wollt Menschen in euren Audioaufnahmen, keine Roboter.

  • Plosive (P- und B-Laute, wo viel Luft in Richtung Mikrofon ausgestoßen wird) sind niederfrequente Impulse. Verwendet einen Hochpassfilter in eurem EQ bei etwa 100 bis 120 Hz, um die Auswirkungen zu reduzieren, oder automatisiert Lautstärkerückgänge direkt an den störenden Silben.

  • Zischlaute (S- und Sch-Laute) liegen im Bereich von 4 bis 8 kHz. Verwendet ein De-Esser-Plugin, um sie sanft zu glätten, ohne die Stimme dumpf klingen zu lassen.

  • Wenn der Raum, in dem ihr aufgenommen habt, hallig war, könnt ihr Plug-ins wie De-Reverb (von iZotope oder ERA) verwenden, um den Raum zu dämpfen. Aber versucht nicht, es perfekt zu machen – manchmal ist es besser, den Hall über mehrere Schnitte hinweg anzupassen, als ihn komplett zu löschen.
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Wenn ihr mehrere Elemente habt, müsst ihr vor allem darauf achten, dass sie genug Platz haben. Indem ihr den Pan-Regler verwendet, könnt ihr Elemente ganz einfach im Stereofeld platzieren und so großartige Ergebnisse erzielen. ©Dom Salmon

Platzierung und Ausrichtung planen

Der Stereoraum ist wie eine riesige Palette, auf der ihr malen könnt. Pass also auf, dass ihr nicht nur einen Punkt auf dem Spektrum vollpackt, weil sonst alle Frequenzen schnell ineinander verschmelzen.

  • Behaltet den Hauptdialog im Mittelpunkt. Das fesselt die Aufmerksamkeit und sorgt für eine gleichmäßige Verstärkung der Lautsprecher/Ausgänge.

  • Sekundäre Stimmen (Charaktere außerhalb des Sichtfeldes, Hintergrundgeräusche) können für mehr Raum leicht nach links/rechts verschoben werden.

  • Vermeidet harte Übergänge, außer wenn das stilistisch gewollt ist – Subtilität ist besser.

  • Testet euren Mix zur Sicherheit auf einem einzelnen Lautsprecher. All diese Zeit und Mühe für den perfekten Stereo-Mix? Meistens wird es über den Lautsprecher vom Smartphone und nicht über eine Hi-Fi-Anlage gehört. Stellt also sicher, dass es auf beiden funktioniert.

Euer Publikum wird es euch danken.

Mit klarem Ton lenkt ihr die Aufmerksamkeit des Publikums. Dadurch gewinnt es Vertrauen. Das schafft Platz für Emotionen, Bedeutung und den erzählerischen Stil. Es ist nicht nur eine technische Ebene – es ist der Treibstoff fürs Storytelling.

Also ja, fangt einfach mit dem eingebauten Mikrofon an, wenn ihr nichts anderes habt. Aber hört gut hin, geht überlegt vor und schneidet mit Intention. Euer Publikum wird euch vielleicht nie für großartigen Sound danken – aber auf jeden Fall merken, wenn er fehlt.

Ihr werdet es zu schätzen wissen, mit großartigem Audiomaterial arbeiten zu können. Als Regisseur freue ich mich über alles, worüber ich mir später keine Sorgen machen muss. Die Bearbeitung ist viel weniger nervig, wenn ihr euch nicht mit dem Rascheln von Jacken, dem Klopfen von Armen auf den Tisch und dem Lärm der Klimaanlage rumschlagen müsst. Und es ist herzzerreißend, die beste Antwort im Interview nicht verwenden zu können, weil das Mikrofon knistert.

Nachdem ihr nun einen sauberen Ton aufgenommen habt und dieser gut mit euren Bildern synchronisiert ist, wie geht es weiter?

Jetzt könnt ihr kreativ werden. Aber das ist eine andere Geschichte, wo wir sehen, wie ihr eure Audio- und Musikdateien genauso wie euer Filmmaterial „graden“ könnt.

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Ein Feldrekorder bietet euch enorme Flexibilität und Leistungsfähigkeit bei der Aufnahme. Zeichnet mehrere Mikrofone und Kanäle gleichzeitig auf. Synchronisierungsprobleme können auftreten, wenn ihr nicht methodisch vorgeht. Achtet also darauf, welcher Kanal aktiv ist und welcher nicht. ©Dom Salmon

Welche Mikrofoncharakteristik ist die richtige?

Verschiedene Mikrofone haben unterschiedliche Funktionen, und der Hauptgrund dafür ist die „Richtcharakteristik“, also woher sie den Ton aufnehmen. Hier erfahrt ihr alles, was ihr wissen müsst.

1. Nierencharakteristik

Form: Herzförmig

Verwendung: Interviews, Voiceovers, Podcasting

Pro: Blendet Geräusche von hinten aus; großartig, um ein einzelnes Motiv zu isolieren

Contra: Nimmt seitliches Rauschen auf; nicht ideal in lauten Umgebungen

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Dynamische Mikrofone sind ein Muss in jedem Heimstudio. Viele haben jetzt einen direkten USB-Ausgang, sodass man kein Audio-Interface mehr braucht. Achtet darauf, dass euer internes Mikrofon auch eingeschaltet ist, damit ihr das Filmmaterial später synchronisieren könnt. Im Studio lohnt es sich, in einen Galgenarm (um Geräusche durch den Ellbogen auf dem Tisch zu vermeiden) und in einen Poppschutz zu investieren, um störende Zisch- und Plosivlaute zu reduzieren. ©Dom Salmon

2. Superniere/Hyperniere

Form: Strengere Frontfokussierung mit etwas Rückaufzeichnung

Verwendung: Kameramikrofone, Boom-Mikrofone für Innenräume

Pro: Richtungsabhängiger als Niere; besser für kontrollierte Umgebungen

Contra: Empfindlich gegenüber Rückreflexionen; man muss genau zielen

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In einer sehr kontrollierten Umgebung reicht das integrierte Mikrofon der Nikon Z völlig aus. Andernfalls ist ein an der Oberseite der Kamera befestigtes Richtrohrmikrofon von Vorteil, um Störgeräusche auszublenden und das Motiv besser zu hören. ©Dom Salmon

3. Richtmikrofon (Lobar)

Form: Sehr schmaler, weitreichender Strahl

Verwendung: Filme, Outdoor-Aufnahmen, Galgenstangen

Pro: Hervorragende Richtungsisolierung; nimmt klare Dialoge aus der Entfernung auf

Contra: Empfindlich gegenüber Bedienungsgeräuschen; kann in Innenräumen unnatürlich klingen

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Für anspruchsvolles Audio braucht ihr ein Mikrofon mit mehreren Richtcharakteristiken. Wie ihr an meinem Ventilmikrofon sehen könnt, bietet der zentrale Schalter alles von omnidirektionalen bis hin zu Achtermustern. ©Dom Salmon

4. Omnidirektional

Form: 360°

Verwendung: Lavalier-Mikrofone, Umgebungserfassung

Pro: Natürlicher Klang; weniger Rauschen der Bedienung

Contra: Nimmt alles auf – schlecht für laute Orte

Tipp: Die Wahl sollte sich nach der Umgebung richten, nicht wie angenehm es ist. Denkt daran, dass die Platzierung und die Richtcharakteristiken des Mikrofons wichtiger sind als der Preis. Ein günstiges Richtmikrofon ist vor Ort besser als ein teures omnidirektionales Mikrofon.

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